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Das Leben "danach" - Eltern sein in der Corona-Pandemie

Als die weltweite Corona-Pandemie los ging, waren wir alle plötzlich aus den Angeln gehoben. Mit dem ersten Lockdown ist unser kompletter Alltag, unser Familienleben auf den Kopf gestellt worden. Nichts konnte mehr seinen gewohnten Gang gehen und die Gesellschaft hat von uns als Eltern erwartet, dass wir auffangen, was niemand auffangen kann. Und doch haben wir unser Bestes gegeben. Wir haben gebastelt, waren spazieren zu den immer gleichen Spielplätzen, haben mehr erlaubt, als gewöhnlich, um Streit aus dem Weg zu gehen und haben die Arbeit beiseite geschoben, um für die Kinder da zu sein.

Aber wir waren auch verzweifelt, haben gestritten, gebrüllt, geweint und waren müde. Müde vom homeschooling, geschlossenen Kitas, Beziehungskrisen, homeoffice, Kontaktbeschränkungen und dem nicht aufhören wollendem „Durchhalten“.

Mit dabei war immer wieder dieses Gefühl von Schuld. „Habe ich zu hart reagiert? Bin ich zu ungeduldig? Hätte ich mir mehr Zeit nehmen sollen? Bin ich zu weit gegangen?“ Die Liste solcher Fragen ist schier endlos und jedem von uns bestens bekannt.

Was ist eigentlich Schuld?

In der Psychologie gehört Schuld zu den sogenannten sekundären Emotionen. Diese sind nicht angeboren, wie etwa Freude oder Wut, sondern werden im Laufe des Kleinkindalters erlernt. Die sekundären Emotionen (dazu gehören auch Empathie oder Scham) werden gebildet, indem das Kind sein eigenes Verhalten mit dem der Mitmenschen vergleicht und anpasst. Es erlernt auf diese Weise, was gesellschaftliche Normen sind und welche zwischenmenschlichen Werte und Verhaltensweisen erwünscht und angemessen sind.

Schuld empfinden zu können bedeutet also, ein soziales Wesen zu sein. Das Eingestehen der Schuld führt zu einer Besserung des eigenen Verhaltens. Wir sind dann in der Lage, auf Augenhöhe und respektvoll mit unserem Gegenüber zu kommunizieren, weil wir es besser machen wollen. Ganz gleich ob das unser Partner, das Kind oder der Arbeitgeber ist. Schuldgefühle führen zu einer Rückbesinnung auf die gesellschaftlichen Normen.

Doch was, wenn Schuldgefühle unbegründet sind?

Mal ehrlich, wie schlimm ist es wirklich, wenn die Küche abends nicht aufgeräumt ist, das Kind bis mittags im Schlafanzug rumrennt, es wieder kein Gemüse zum Mittag gab, oder die Wäsche ein Eigenleben entwickelt?

Führt man sich vor Augen, was der Grund für die Schuldgefühle ist, und fragt man sich offen und ehrlich, was genau daran jetzt eigentlich so schlimm ist, stellt man häufig fest, dass eine reale Schuld nicht existiert. Wir haben gegen keine rechtlichen Regeln verstoßen, haben niemandem geschadet und keine gesellschaftlichen Normen gesprengt. Wir haben einfach nur versucht, alles gleichzeitig zu schaffen.

Was der Mensch in solchen Situationen besonders gut kann, ist das Schlechte zu sehen. Wenn man abends nach Hause kommt und der Partner fragt, wie der Tag verlaufen ist, kann man aus dem Stegreif all die Misserfolge und schlechten Momente des Tages aufzählen. Man weiß sofort, was man alles nicht geschafft hat, was liegen geblieben ist und was unbedingt besser werden muss. Fragt man sich hingegen, was an dem Tag richtig gut lief, was man alles erledigen konnte und was man gerne wiederholen würde, so muss man einige Minuten überlegen und gelangt nur zu zaghaften Antworten.

Evolutionär gesehen macht das durchaus Sinn. Sich an etwas Schlechtes zu erinnern, hat unseren Vorfahren das Überleben gesichert. Gefährliche Situationen konnten schnell erkannt und gemieden werden. Positive Emotionen haben beim Überleben nur eine nachgeordnete Rolle gespielt.

Auch Schuldgefühle haben das Überleben gesichert. Denn als ein Teil einer funktionierenden Gesellschaft hatte man bessere Chancen, als auf sich allein gestellt.

Wenn wir uns also das nächste Mal abends auf das Sofa setzen und völlig erschöpft und frustriert sind, sollten wir uns fragen: was lief heute gut? Für welche Sache sind meine Kinder mir heute dankbar?

Wir verurteilen uns zu häufig selbst, weil wir unseren übersteigerten Anforderungen nicht genügen und weil es so einfach ist, das zu sehen, was fehlt. Wir müssen uns glauben, dass das, was wir leisten, gut genug ist. Denn sonst landen wir in einem Sog der Unzufriedenheit, was sich auf Partnerschaft und Familienleben ebenso auswirkt, wie auf das eigene Selbstbild.

Und wenn es tatsächlich mal passiert, dass man die Nerven verliert, dann bleibt einem der wunderbare Weg der Entschuldigung und des offenen Gesprächs. Denn hier lernen Kinder echte Empathie am Vorbild. Es ist wichtig, aus seinem Verhalten zu lernen, um beim nächsten Mal die Kontrolle zu behalten. Denn die eigenen Gefühle zu erkennen und benennen zu können, ist die Basis unseres Selbstwerts und führt zu einem entspannten Umgang mit Stress.

Dies wird mit spielerischen und alltagsnahen Methoden in unseren Selbstbehauptungskursen für Kinder und Resilienztrainings für Erwachsene angeboten.

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