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Soll ich mich etwa zerteilen?

Zwei Hände - Viele Bedürfnisse

Wie schafft man es als Eltern, mehreren Kindern gerecht zu werden? Manchmal ist es ja schon schwierig einem Kind gerecht zu werden – also, wie soll man sich bloß zerteilen um mehreren kleinen Menschen und ihren Ansprüchen gerecht zu werden?

Diese Frage taucht schnell auf im Eltern-Dasein und man fragt wie das gehen soll mit nur zwei Armen. Eigentlich schon dann, wenn absehbar ist, dass es nicht bei einem Kind bleiben wird. Egal ob ein zweites oder ein fünftes Kind zur Familie hinzustößt – mit der Familie wachsen gleichzeitig auch die Zweifel. Wie soll ich es schaffen jedem Kind auf seine Weise gerecht zu werden?

Ich denke: Wir schaffen es nicht.

Und wir können uns nicht zerteilen. Ich glaube, es ist eine Illusion, zu erwarten man würde allen Kindern gleich gerecht, man könnte alle gleichbehandeln und allen die gleiche Aufmerksamkeit schenken. 

Es wird im Leben jeder Mutter und jeden Vaters Momente geben, in denen wir einem oder mehreren unserer Kinder nicht so gerecht werden, wie sie es gerade brauchen würden (und wie wir es eigentlich wollen würden). Genauso wie es auch Momente gibt in denen wir unserem Partner, Arbeitgeber, Freunden oder schließlich sogar uns selbst und unseren Ansprüchen nicht gerecht werden. 

Jeden Tag gibt es Situationen, in denen Entscheidungen getroffen werden müssen, die sich vielleicht für ein Familienmitglied unfair anfühlen können, oder in denen einer zurückstecken muss. Unterschiedliche Kinder haben unterschiedliche Bedürfnisse, und die alle unter einen Hut zu kriegen kann manchmal ganz schön schwierig sein. Da will einer kuscheln, einer toben, einer schlafen und einer zum Spielplatz. Inmitten dieses Chaos würde ich gerne in Ruhe einen Kaffee trinken oder muss dringend eine Überweisung fertig machen. Zu denken, ich könnte als Mutter/Vater alle Ansprüche aller Familienmitglieder gleichermaßen befriedigen wäre verrückt – und würde mich wahrscheinlich auch bald „verrückt“ machen.

Diese Zerreißproben sind schwer auszuhalten

...und doch machen sie uns menschlich. Und ist das denn so schlimm? Wir können Prioritäten setzen und abwägen was grade am dringendsten ist. Wir sind schließlich keine gefühllosen Roboter, sondern flexible und empathische Eltern. Einem Kind mit seinen Bedürfnissen in einem Moment nicht gerecht werden zu können heißt nicht, weniger Liebe für dieses Kind zu spüren (das ist es doch wovor wir eigentlich Angst haben, oder?). Dieser Trugschluss drängt sich zwar schnell auf, ist aber doch im Grunde nicht logisch. Wir wägen in Sekundenschnelle ab, welche Entscheidungen getroffen und welche Bedürfnisse vorrangig erfüllt werden müssen. Das tun wir letztlich für das große Ganze und um den häuslichen Frieden aufrecht erhalten zu können – immer die Gesundheit und das Wohlergehen aller Familienmitglieder im Hinterkopf. Dazu kommen Zweifel: Hab ich das richtig entschieden? War ich vielleicht zu streng? 

Liebe ist und bleibt zentral

Ich denke, alle Zweifel sind ein Zeichen von Liebe. Denn (es hört sich vielleicht pathetisch an) würden wir nicht lieben, dann würden wir auch nicht zweifeln und unser Verhalten nicht überdenken. Und das allein, der Versuch allen gerecht zu werden und die Selbstzweifel ob das klappt, sind doch ein Zeichen dafür, dass wir unser Bestes geben und uns reflektieren.

Behalten wir folgendes im Hinterkopf: Familienleben verläuft nicht linear. Es wird immer Situationen geben, die irgendwie „ungerecht“ sind und in denen Frust aufkommt. Natürlich ist es wichtig, dass keiner langfristig und dauerhaft immer den Kürzeren zieht oder vernachlässigt wird – aber auf kurze Distanz ist es unser Job als Eltern mit diesem Unmut und Ärger umgehen zu können. Fühlt sich eins der Kinder zu wenig wahrgenommen oder ungerecht behandelt, dann ist es unsere Aufgabe das wieder auszugleichen oder einen Kompromiss zu finden. Keiner hat gesagt, dass Familienleben leicht ist und immer gut läuft – phasenweise kann es richtig zäh werden. Unsere Aufgabe ist nicht, es immer allen recht zu machen, sondern die Verantwortung wahrzunehmen (und anzunehmen) ein Familienleben zu gestalten in dem jede und jeder seinen Platz finden und sich entfalten kann. Gestalten wir dieses Familienleben aktiv und zusammen, geben jedem Raum für seine Bedürfnisse, dann muss sich auch niemand zerteilen und zwei Arme reichen schließlich völlig aus.

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